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Gründungszeit

(Aus einem Artikel zum 50-jährigen Bestehen)

Wie bei vielen "älteren" Vorgängern liegen die Anfänge des Clubs im Dunkeln. Die mündlich überlieferte Chronik erzählt, daß die ersten Aktivitäten im weltpolitisch bedeutsamen Jahr 1933 stattfanden. Dies hat den Grund darin, daß Herr Tappe , welcher Geschäftsführer der Großgaststätte Hofjäger in Braunschweig war, durch seine häufigen Reisen nach Hamburg und Berlin, mitbekam, daß sich dort die Modelleisenbahner 1931 bzw. 1932 zusammen gefunden hatten. Also wollte er so etwas auch in Braunschweig aufziehen.

Seine mündliche Propaganda setzte im Herbst 1933 ein, war jedoch von mäßigem Erfolg. Deshalb setzte er Anfang 1934 ein Inserat in die Zeitung, um Gleichgesinnte zu suchen.

Damals war die Zeit ja noch etwas anders: Man konnte nicht so einfach auf die Bahnsteige gehen und sich umsehen. Man benötigte eine Bahnsteigkarte, die mit der Tageszeit versehen wurde. Gleisanlagen galten ja als "militärische Objekte" und wenn man 5 oder gar 10 Minuten nach Abfahrt eines Zuges sich noch auf dem Bahnsteig herumtrieb - und vielleicht sogar noch Notizen machte - wollte jemand wissen, was man da vorhabe, wenn man nicht gar mit der Bahnpolizei Bekanntschaft machte. Man mußte also schon etwas Offiziöses betreiben, um näheren Einblick in das Eisenbahnwesen zu bekommen. Dies war die hauptsächlichste Triebfeder zur Gründung des Clubs - also Neugierde.

Es wirft ein bezeichnendes Licht auf die damaligen, offensichtlich noch gemütlichen Verhältnisse, daß sich bis September 1931 erst 7 Interessenten gemeldet hatten. Darunter war ein Tischlermeister Geffers , ein langjähriger Geschäftsfreund von Herrn Tappe, der auf diese etwas umständliche Weise von dem Steckenpferd erfuhr, dem sie beide frönen wollten. Es wurden regelmäßige Treffen vereinbart.

Erst am 12.3.1935 meldet die Chronik wieder eine offiziöse Sache: Erste öffentliche Zusammenkunft in größerem Kreis in Dannes Hotel zum Zwecke der Gründung eines Clubs. Bis dahin waren sie also noch "Eisenbahnfreunde".

Mit der aufsichtsbehördlichen Genehmigung der Vereinsstatuten am 12.9.1935 galt der Club, unter den Namen:

Vereinigung der Modelleisenbahner Braunschweig e.V.

als gegründet.

Dieser ehemaligen Vereinigung gehörten die Herren an:

Hans Tappe, Heinrich Geffers, Rudolf Menzel, Erich Berner, Dr. Hermann Abarbanell, Georg Wetzlar, Otto Warnecke, Hans Warnecke, Werner Müller, Gustav Kochendörfer, Eberhard Bruns, Wilhelm Griese, Günther Medler, Hubert Kiel, Adolf Schimpf, Walter Dietrich, Helmut Eggers, Karl Riffel, Walter Traupe, Gottfried Lilljequist.

An einem nicht mehr feststellbaren Tag im Herbst 1935 wurde eine Besichtigung des Ausstellungssaales der Vereinigten-Eisenbahn Signalwerke (VES) in der Ackerstraße arrangiert, bei denen Mitglied Dietrich beschäftigt war. Angesichts der dort vorhandenen Modelle unterschiedlichen Maßstabs wurde der Entschluß gefaßt, eine "Modellanlage durch Selbstbau" zu erstellen, und diese Absicht im § 1 der Vereinsstatuten - der bis jetzt noch unverändert ist - festgelegt.

Im Jahre 1936 wurde die erste Werkstatt in der Straße Rosenhagen Nr. 6 bezogen. Dieses Haus gehörte dem Augenarzt Dr. Abarbanell . Es wurde der Beschluß gefaßt, - wann steht, wie vieles in der Vereinsgeschichte nicht genau fest - daß der Bau im Maßstab 1:45 (32 mm) ,,Spur 0" zu erfolgen habe. Auch legte man fest, daß man ohne Mittelleiter zu bauen habe.

Danach ist Ruhe in der Chronik; vermutlich wurde intensiv gearbeitet. Dies beweisen die aus dieser Zeit stammenden ersten Lok- und Wagenmodelle. Das RZA Berlin stellte Zeichnungen zur Vierfügung. Einzelheiten mußte man durch Beobachten und Skizzieren festhalten, denn an Photographieren war nicht zu denken (siehe oben). Schließlich waren Bilder von Lokomotivfabriken erhältlich, die bei den Eingeweihten als Raritäten gehandelt wurden.

Offensichtlich waren auch damals die Pläne größer als die Mittel. Es wurde ein Hilferuf an den Patenverein Modell Eisenbahn Hamburg e.V. (MEHEV) gesandt. Als rechter Pate griff diese uns auch wirksam unter die Arme - gibt es ein zweites Beispiel dieser Art in Deutschland ? - indem er ein Modell der Lok ,,Drache", in der Spur-160 mm als Leihgabe zur Verfügung stellte. Dieses Modell wurde in einer Vitrine im Braunschweiger Hauptbahnhof aufgestellt und setzte sein Triebwerk gegen Einwurf von 10 RPf in Bewegung. Die Einkünfte wurden nach einem heute nicht mehr feststellbaren Schlüssel aufgeteilt.

Die nächste Eintragung im Werkstattbuch reißt uns in die rauhe Wirklichkeit zurück:

,,31.8.1939 Abbruch des Werkstattabends wegen drohender Kriegsgefahr"

Man setzte aber die Aktivitäten fort und es entstanden weitere Modelle; ja man konnte im September '41 sogar die erste öffentliche Veranstaltung - als Ausstellung deklariert - bestreiten. Die Chronik berichtet, das noch in letzter Minute einige Schaltungen fertiggestellt und dann auch fahrende Modelle vorgeführt wurden. Dabei soll es nur so von Kurzschlüssen gefunkt und öfters auch nach Ampere gerochen haben. kein Wunder, ein Elektriker hatte noch nicht den Weg zum Club gefunden. Man arbeitete nach der Devise: Wenn die Spule des Weichenantriebes zu glühen anfängt, muß man beim nächsten Mal wohl einige Windungen mehr aufbringen. Die Spulen wurden übrigens mit einem ausgedienten, fußbetriebenen Nähmaschinengestell hergestellt.

Es war eine reine Betriebsanlage, ohne Gelände, aber mit den für den Betrieb erforderlichen Hochbauten: Wasserturm (dem im Laufe der Zeit der Holzwurm den Garaus machte), Stellwerksgebäude, Schrankenbuden, Schranken und Signale (zum Teil noch vorhanden).

In den Jahren 1942 bis 1944 ging es immer verworrener zu. Man hatte alle Hände voll zu tun um alles zu erhalten. Die Anlagenteile wurden an mehreren Orten ausgelagert. Organisiert wurde das Ganze durch Dr. Abarbanell, der die Möglichkeit hatte die Sachen als ,"Material für medizinische Zwecke", ,"Museumsgut", "Versuchsstücke höchste Dringlichkeitsstufe" zu deklarieren. Am 22.2.1944 wurde die Anlage beinah ein Raub der Flammen, als nämlich ausgerechnet in einem Luftschutzbunker ein Brand ausbrach. Die Anlage konnte gerettet werden. Schließlich wurde auch das im Hbf stehende, geldbringende Modell getroffen. Damit ging auch die lukrative Zeit zu Ende. Das Hauptkapital - die Anlagenteile - konnten gerettet werden. Damit waren die Probleme noch nicht beendet, denn nach dem Kriege war es beinahe noch schlechter - wenn man der Chronik glauben darf - als während. Ein Tagebucheintrag besagt, daß man die Teile "... herumgetragen, wie die Katze ihre Jungen" hatte. Mehrere Nacht- und Nebelaktionen waren notwendig, um allzu neugierige Interessenten von eingehenden ,"Untersuchungen" abzubringen, denn unter den Nachkriegsbedingungen hatten sich so manche Werte verschoben. So war Messing "rar und teuer" geworden.

Auch für uns Bundesbürger waren normale Lebensäußerungen damals durchaus nicht "normal".

 

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